W. G. Sebald: Formen des Pathos

Auteur : Karine Winkelvoss
N° ISBN : 978-3-7705-6618-1
Editeur : Brill & Fink

Dieses Buch untersucht erstmals die Frage des Pathos in Sebalds Selbstverständnis und Rezeption. Es beleuchtet das Verhältnis zwischen Sebalds Stilideal der unpathetischen, leidenschaftslosen Rede und seiner Ethik der Mitleidenschaft, der Em-Pathie als Protest gegen politische A-Pathie. Pathos ist hier kein Verstoß gegen den guten „ethisch-ästhetischen“ Geschmack, sondern eine zentrale Dimension seines elegischen Werks im Zeichen der Shoah. Im Lichte von Aby Warburgs Begriff der Pathosformel, die die Ausdrucksintensität zugleich steigert und zähmt, werden Sebalds vieldiskutierter Gebrauch von dokumentarischem Material und Bildern, aber auch diskretere Motive wie Körpergebärden und die Bezüge zu Film, Theater und Oper als Formen des Pathos neu gelesen.

Karine Winkelvoss ist Dozentin für deutschsprachige Literatur an der Universität Rouen Normandie (Frankreich). Ein Forschungsstipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung brachte sie nach Berlin ans Zentrum für Literatur- und Kulturforschung.

W. G. Sebald, l’économie du pathos, Paris, Classiques Garnier, 2021.

INHALT

 

Einleitung

  • Aber ohne Pathos: ein Gemeinplatz?
  • Pathos, ein blinder Fleck in Sebalds Werk und Rezeption
  • Pathos, Trauma, Melancholie
  • Sebald und die korsischen Klageweiber
  • Pathosformeln. Mit Warburg

Kapitel 1: Pathos und Angst vor dem Falschen

1.1 Dokumentarische Formen und Pathosökonomie

  • 1.1.1 Die Angst vor dem Falschen, eine affektpolitische Frage
  • 1.1.2 Der dokumentarische Effekt
  • 1.1.3 Das Dokument als Pathosformel
  • 1.1.4 Literarisierung als Sentimentalisierung? Mit Klemperer

1.2 Die Qualität der Empfindungen (Klüger)

  • 1.2.1 Falsche Gefühle. Gegen Andersch
  • 1.2.2 Ambivalenzen der Mitleidenschaft
  • 1.2.3 Ein reines Ohr? Zuhören und Umschreiben

Kapitel 2: Die seltsame Konstellation von Pathos und Impassibilität

2.1 Pathos-Ökonomie. Mäßigen, neutralisieren, kompensieren?

  • 2.1.1 Das Leitbild des dokumentarischen Tons
  • 2.1.2 Die seltsame Konstellation von Mitleidenschaft und Indifferenz
  • 2.1.3 Abheben. Mit Calvino
  • 2.1.4 Schreiben im Grisaille-Stil. Über das Austerlitz-Manuskript

2.2 Jenseits von Pathos und Impassibilität

  • 2.2.1 Anti-Pathos oder Apathie?
  • 2.2.2 Jenseits von Pathos und Impassibilität. Mit Améry
  • 2.2.3 Immunisierung und Sensibilisierung. Mit Flaubert
  • 2.2.4 Diffuses Pathos. Asche, Sand, Staub und Schnee
  • 2.2.5 Die paradoxe Expressivität der Formel

Kapitel 3: Bild und Sprache. Intensitätsformen

3.1 Bilder im Text: Intensitätseffekte

3.2 Bild und Zeitformen des Pathos

  • 3.2.1 Pathos des Augenblicks. Sebald und der Laokoon
  • 3.2.2 Realismus: eine Frage der Intensität
  • 3.2.3 Geistesgegenwart als Widerfahrnis. Mit Barthes
  • 3.2.4 Natures mortes, Fossilien und Phantome des Affekts
  • 3.2.5 Das Bild als Stillstellung. Zwischen Panik und Illumination

3.3 Pathosformeln

  • 3.3.1 Die Pathosformel als literarische Kategorie?
  • 3.3.2 Ausdruckssteigernde Alterationen
  • 3.3.3 Pathos und Tierwerden der Sprache. Mit Deleuze
  • 3.3.4 Nocturama pathetica

Schluss: Das Nachleben des theatralischen Pathos im Medium der Prosa

  • Prosa als Filter
  • Paroxysmen der Hysterie? Pathos und Oper
  • Protester contre l’irréversible. Pathos und politisches Bewusstsein

Literaturverzeichnis

Personenverzeichnis

Danksagung

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